Totalversagen
Tagebuch einer glücklichen Versagerin

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19.03.2023

… so habe ich mir das nicht vorgestellt!

Uniklinikum Innsbruck.jpgVorab: ich möchte euch wissen lassen, dass mich dieser Blogartikel 14 Tage beschäftigt hat. Geplant war das nicht.. Aber das sollte ich ja schon gewöhnt sein. Was kommt in meinem Leben schon so, wie ich es geplant habe.

Und nicht nur in meinem Leben.. Ganz grundsätzlich habe ich in 42 Lebensjahren gelernt, dass man wohl Pläne machen kann und auch sollte. Was aber fast noch wichtiger ist - und zwar für die mentale Gesundheit - ist auch darüber nachzudenken, dass der Plan nicht aufgehen könnte.

Aber von vorne. Seit meiner Nierentransplantation und dem einhergehenden Start der Immunsuppression ist mein Körper in einer Art “Ausnahmezustand”. Mein Immunsystem wird künstlich gedrückt, damit das Spenderorgan nicht abgestoßen wird. Das heißt aber natürlich auch, dass mein Immunsystem auch mit Infektionen und Belastungen wie Viren, Bakterien oder auch negativen Stress nicht so gut umgehen kann, wie ein “normaler” Körper.

Was das mit den letzten 14 Tagen zu tun hat? Nun ja.. Nicht nur Einwirkungen von Außen kann mein Körper schwer bekämpfen. Es ist auch die Gefahr Krebs zu bekommen um einiges erhöht. Somit ist jeder Gang zum Hautarzt und Frauenarzt mit leichtem Unwohlsein behaftet.

Bei mir geht es seit 2021 um meine Gebärmutter. Mal waren die Werte besser, mal schlechter. In den letzten Monaten haben sich aber die Anzeichen gehäuft, dass sich etwas anbahnt, dass mit Sicherheit unerwünscht ist. Somit habe ich beschlossen, den Empfehlungen der Ärzte nachzugehen und mir die Gebärmutter samt Eileiter und Muttermund entfernen zu lassen.

Spannend war die Reaktion vieler Menschen im meinem Umfeld darauf. Fast jeder hat sich zu der Aussage hinreißen lassen: “Brauchst du ja eh nicht mehr.” - bezugnehmend auf mein Alter und meinen erwachsenen Sohn.. Mich hat es in dem Moment nicht gestört - sie haben ja recht.. Aber nicht wegen meines Alters, sondern aufgrund der Tatsache, dass eine Schwangerschaft ein riesiges Risiko für das Kind und mich darstellen würde wegen der Spenderniere und der Immunsuppression. Dieses Risiko würde ich niemals eingehen. Später im Verlauf habe ich mir zu dieser Aussage mehr Gedanken gemacht, aber dazu komme ich noch.

Okay… das wird also OP Nr. 4  seit 2019. Nach Transplantation folgte die Entfernung der Nebenschilddrüsen bei einer 4stdigen OP, danach folgte die Konisation des Muttermundes und jetzt totale Hysterektomie.

Schmerzpumpe.jpgSoweit, so gut. Also geplant war eine OP.. Herausgekommen ist: 3 x Operationssaal, 2 Vollnarkosen, 1 versemmelter Kreuzstich, eine Schmerzpumpe die nicht funktioniert hat, 1 Sedierung, Beruhigungsmittel, Schmerzen, wogegen die Geburt meines Sohnes ein Spaziergang am Strand war und eine nicht zu verachtende Dosis Opium.

Wie habe ich es mir vorgestellt? Spoiler: SO NICHT.
Mein glorreicher Plan war eigentlich 2 Wochen nach der OP wieder zu arbeiten. Meine Erfahrungen im Krankenhaus live zu teilen, diesen Blogartikel nebenbei zu schreiben und vielleicht auch ein paar berufliche Mails zu bearbeiten.. Social Media geht ja dann auch nebenbei… hahaha! Ich dummer, dummer Optimist…

In meinem Delirium zwischen Narkosen, Beruhigungs- und Schmerzmittel konnte ich mich kaum darauf konzentrieren die richtige Nummer aus meinen Kontakten rauszusuchen, die ich anrufen wollte… 3 Tage Komplettausfall des Gehirns. Gaga…

Schlafen, schlafen, schlafen.. Das hat mir danach schon geholfen. Nach diesen Tagen habe ich wieder einmal meine kleine Welt ein wenig nachjustieren dürfen… zur Aussage “Brauchst du ja eh nicht mehr” (Gebärmutter), habe ich jetzt eine andere Einstellung. Niemand - wirklich niemand!! sollte sich anmaßen irgend eine Aussage über einen fremden Körper zu treffen und schon gar nicht in so einem speziellen Fall. Egal wie gut man einen Menschen zu kennen glaubt - man weiß nie, welche Ängste, Sorgen, Hoffnungen er hat. Wie fühlt sich so eine Aussage an, wenn man vielleicht mit einem neuen Partnern noch einen späten Kinderwunsch hat? Oder extreme Angst vor Komplikationen bei der OP hat? Oder große Sorgen hat, dass sich auf hormoneller, sexueller oder gefühlsmäßiger Ebene etwas ändert.. Ist es unter diesen Voraussetzungen nicht unglaublich unsensibel so etwas zu sagen? Unter diesem Aspekt ist auch jegliche Aussage bezüglich Kinderwunsch im allgemeinen anmaßend. Keine Kinder mit 40? Schwanger mit 43? Hysterektomie mit 25? Welche Schicksale stecken dahinter?  Nochmal: Niemand hat das Recht darüber zu urteilen oder sich zu äußern. Klarer Punkt.

Auch den “friendly reminder” habe ich wieder einmal dankend angenommen, dass ich keine unendlichen Ressourcen habe. Weder körperlich, noch mental. Nach einer OP gerade nach mehreren Narkosen braucht man Zeit. Nicht um sonst habe ich an diesem kleinen Artikel 14 Tage gearbeitet. Kraft, Konzentration, Kreativität boden auf.

women.jpg
Wie fühle ich mich nun ohne Gebärmutter? Es ist kein klares Gefühl. Einerseits bin ich erleichtert einen Risikofaktor los zu sein. Sicher positiv ist, dass ich das monatliche Übel der Blutungen ein für alle mal los bin. Zum Glück bleibt mir der vorzeitige Wechsel erspart, weil die Eierstöcke geblieben sind. Auf der anderen Seite bin ich irgendwie sentimental berührt, weil in meiner Gebärmutter mein Kind herangewachsen ist. Ich habe es vorher nie so bewusst gesehen, aber dieses Organ hat meinen Sohn “gemacht”. Immer noch ein Wunder und ich bin unglaublich dankbar dafür. Was ich auch nicht geglaubt habe ist, dass ich auch einmal darüber nachdenken werde, was mich als Frau ausmacht.. Aber zum Glück bin ich zu dem Schluss gekommen, dass es kein Organ ist. Denn jetzt habe ich eine männliche Niere in mir und keine Gebärmutter mehr und fühle mich weiblicher als je zuvor.

Warum ich so fühle? Ich habe als Frau entschieden. Mich dazu entschieden, keine Kinder mehr zu zeugen. Mich als Frau dazu entschieden, meinen Körper gesund zu halten. Mich als Frau dazu entschieden, mich nicht mehr monatlich einschränken zu lassen. Und ich sehe in den Spiegel und fühle mich gut und schön und bin dankbar, dass mein weiblicher Körper so stark war und ist, mit all diesen Entscheidungen zurecht zu kommen. Der weibliche Körper ist dazu gemacht, Schmerzen auszuhalten. Und genau das hat er mir wieder bewiesen. Und ich bin stolz - auf meinen Körper und meine mentale Stärke. An dieser Stelle möchte ich Snoop Dog zitieren: “First i want to thank me!”. Ich glaube kaum, dass er sich vorgestellt hat, im Zusammenhang mit einer Hysterektomie zitiert zu werden, aber was solls.. Er hat einfach recht ;)

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Alice - 07:59:00 @ Gesundheit und Mindset

 
 
 
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